Donnerstag, 30. Juli 2015

EMB: Proteste in ganz Europa zeigen desolate Lage der Milcherzeuger

Nur eine Systemreform kann den Milchmarkt stabilisieren – halbseidene Lösungen können nichts verbessern und lenken vom eigentlichen Problem ab

(Brüssel, 30.07.2015) In ganz Europa flammen Proteste der Milcherzeuger auf. Ob in Frankreich, Spanien, Belgien, Portugal oder Deutschland – überall zwingen extrem niedrige Milchpreise von zum Teil um die 25 Cent pro Liter die Produzenten auf die Straße. Ausgelöst wurde die unhaltbare Situation durch eine Milchpolitik, die auf Exportorientierung und Überproduktion setzt. Sieta van Keimpema, die Vizepräsidentin des European Milk Board (EMB), dazu: „Das aktuelle System, die aktuelle Politik sind gescheitert und zieht dabei die europäischen Milchproduzenten mit in den Abgrund."

Wer dieser verfehlten Politik der ungezügelten Mengenausweitung nur unausgegorene Konzepte entgegensetzt. wird die Misere jedoch nicht beheben können und nur kurzzeitig die Öffentlichkeit und die Erzeuger mit einer Scheinlösung täuschen. Zu diesen halbseidenen Vorschlägen zählen ein Anheben des Interventionspreises ohne eine gleichzeitige Mengenreduktion sowie fragwürdige Preisabsprachen und realitätsferne Exportstrategien.


Was ist das Problem?

Warum kann kein kostendeckender Preis am Markt erreicht werden, damit die Milcherzeuger überleben und auch noch in eine zukünftige Produktion investieren können? Die produzierte Menge am Markt übersteigt die Nachfrage. Und zu viel Menge drückt die Preise ins Bodenlose. „Das gilt für alle EU-Länder", so Sieta van Keimpema. „Einzelnen Ländern bzw. ihren Erzeugern die Schuld zuzuschieben, ist dabei falsch. Denn alle kämpfen mit dem gleichen Problem". Wer diese Beschuldigungsstrategie fährt, lenke nur vom eigentlichen Problem ab und zeige, wie wenig ihm wirklich an einer ernsthaften Lösung liegt.


Was ist die Lösung?

Wenn zu viel Menge den Preis kaputt macht, dann muss auch am EU-Produktionsvolumen angesetzt werden, um der europaweiten Existenzbedrohung der Milcherzeuger etwas entgegenzusetzen. Eine Reduktion der Menge in Krisenzeiten nimmt den Druck vom Markt und erlaubt höhere Preise.

Da Erzeuger nicht individuell ihre Produktion senken würden, muss dies solidarisch über ein Kriseninstrument wie das Marktverantwortungsprogramm (MVP) geschehen. Denn dann ist sichergestellt, dass die Reduktion fair auf die Erzeuger verteilt wird. Letztlich profitiert dann jeder Produzent von den damit erreichten angemessenen Preisen.


Was bringt nichts und lenkt nur vom eigentlichen Problem ab?

Den Preis künstlich zu stützen, würde nur die Produktion ankurbeln und die Lage verschlimmern. Daher sind Vorschläge wie die Anhebung des Interventionspreises ohne eine gleichzeitige Mengenreduktion, kontraproduktiv. Auch lediglich auf Exporte zu setzen, um die Überproduktion auf andere Märkte zu schwemmen, bringt nichts. Denn auch dort existiert bereits viel Milch und der damit verbundene internationale Preiskampf senkt die Preise für alle. Zusätzliche Überproduktion aus der EU verstärkt die Preisspirale nach unten noch zusätzlich. „Wenn sich das Problem nicht abschieben lässt, bleibt nur eines: Die EU muss ihre Hausaufgaben machen und das aktuelle System reformieren, so dass die Misere langfristig behoben wird", fasst Sieta van Keimpema die Forderungen des EMB zusammen.

Im Übrigen stellen auch solche einmaligen Aktionen wie aktuell in Frankreich, bei der eine Preiserhöhung von unter 30 Cent auf 34 Cent je Liter Milch am Markt vorbei vereinbart wurden, nur scheinbare Lösungen dar.

Nur wenn EU-Kommission, Rat und Parlament einen Krisenmechanismus installieren, bei dem die Menge im Fokus steht, kann eine Marktlage entstehen, die es erlaubt, den Produzenten faire Preise zu zahlen. Die für den 7. September einberufene Sondersitzung des EU-Agrarrates zur Milchpreiskrise muss hier schon wichtige Signale geben und langfristige Lösungen auf den Weg bringen.


Mehr zum Kriseninstrument für den Milchmarkt – dem Marktverantwortungsprogramm (MVP) – finden Sie hier:

www.europeanmilkboard.org/de/special-content/marktverantwortungsprogramm.html